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Wenn die Umsätze und die Conversion im Onlineshop nicht stimmen, wird häufig der Wunsch – insbesondere von der Geschäftsführung – nach einem Relaunch laut. Das System ist veraltet, das Design sowieso und überhaupt kann man mit einem Relaunch ja gleich von Beginn an alles richtig machen. So oder so ähnlich lauten die Argumente. So oder so einfach, ist es dann aber leider doch nicht.

Immer wieder investieren Unternehmen Zeit und Geld in die Konzeption neuer Designs, drehen intern mehrere Runden, bis jeder einmal was zu dem Thema gesagt hat. Hat man die „richtige“ Version gefunden, diese aufwendig programmiert und getestet, wundert man sich, warum die „richtige“ Version dennoch nicht besser performt. Warum man immer noch die gleiche Conversionrate hat oder im schlimmsten Fall sogar eine schlechtere.

Das müssen sich vermutlich aktuell auch die Jungs von fittaste.com eingestehen. In der Höhle der Löwen angetreten und einen Investoren gewonnen, dachte man sich wohl, dass es an der Zeit wäre, das komplette Design zu ändern. Das Problem nur: Die Seite hat vorher schon gar nicht so schlecht funktioniert und wenn man diese kennt, fehlen in der neuen einfach wichtige Features. Die Ernüchterung wird dort vermutlich also aktuell groß sein.

Was ist also schiefgelaufen?

  1. Nur, weil man einen Relaunch macht, macht man nicht direkt alles richtig.

Die Annahme, dass man mit einem Relaunch alles direkt richtig machen kann, ist falsch. Idealerweise weiß man zwar aus A/B-Tests, Best-Practice-Ansätzen und User-Tests, was auf der alten Seite alles schief lief. Häufig weiß man aber leider nicht, was schon besonders gut lief. Bei fittaste hat man in der alten Version die Gerichte nach Fitnesszielen (Muskelaufbau, Abnehmen,…) eingrenzen können (sowohl über die Navigation als auch über Filter). In der neuen Version ist dies (aktuell) komplett weggefallen, so dass man lediglich eine Auflistung aller Gerichte bekommt, die man dann nach Preis (macht Sinn, auch wenn man nicht direkt weiß, ob niedrigster oder höchster zuerst kommt), Name oder Reihenfolge (aha?!) sortieren kann.

Vorher:

fittaste-alte-Version

Nachher:

fittaste-neue-Version

Auch gibt es den Hinweis „Noch bis Dienstag 10 Uhr bestellen und Bestellung am Freitag erhalten“ nicht mehr, so dass das Thema „Dringlichkeit erzeugen“ weggefallen ist und ich bei meiner Bestellung auch nicht wirklich wusste, wann das Ganze denn überhaupt geliefert wird. Dafür gibt es jetzt den Hinweis „Nur noch 16 lieferbar“ (Macht Sinn, kann man ja nicht mal eben ein paar Zutaten mehr kaufen ;)).

2. Besucher müssen sich an ein neues Design erst wieder gewöhnen.

Auch wenn ein altes Design häufig genau das ist: alt, haben sich Besucher doch bereits daran gewöhnt. Sie wussten, wo der „in den Warenkorb“-Button ist und wie es im Check-out zum Abschluss geht. Setzt man ihnen nun ein neues Design vor die Nase, müssen sie sich erst wieder daran gewöhnen. Das kann im ersten Schritt dazu führen, dass die Conversionrate erstmal runtergeht, sich später aber wieder stabilisiert. Aber auch hier ist die Voraussetzung, dass die neue Version tatsächlich besser funktioniert, als die alte (was, wie gesagt, nicht unbedingt der Fall ist).

3. Mit einem Relaunch übernimmt man sich schnell, sodass wenig Zeit zum Testen bleibt.

Nach mehreren Design- und Abnahmeschleifen geht ein Design irgendwann in die Programmierung und von dort ins Testing. Bis es aber soweit ist, schwebt das Projekt „Relaunch“ schon seit Wochen und Monaten über einen, blockiert Ressourcen und „nervt“ irgendwann nur noch. Am Ende wird man also ungeduldig und will das Projekt nur noch finalisiert wissen. Da nimmt man dann auch schnell in Kauf, dass vielleicht noch nicht alles optimal funktioniert und/oder auf allen wichtigen Geräten/Browser/Betriebssysteme-Kombinationen getestet ist. Und schon geht man mit einer Version live, die deutlich schlechter convertiert, als die vorhergehende Version.

Bei Fittaste kam erschwerend hinzu, dass man parallel auch noch das Verpackungsdesign geändert und auf eine neue Küche umgestellt hat. Als Resultat gab es zu der Zeit, wo die Medienpräsenz durch die Höhle der Löwen besonders hoch war, ganze drei, später dann fünf Boxen (mit mehreren Gerichten) zu bestellen. Gerade für neue Besucher wird dabei dann der Eindruck entstanden sein, dass es kaum eine Auswahl gibt. Der Zeitpunkt hätte also nicht schlechter gewählt werden können, ist der erste Eindruck doch erstmal dahin und die Besucher für längere Zeit verloren.

Wie kann man das also besser machen? 

Grundsätzlich sollte immer abgewägt werden, ob man tatsächlich einen kompletten Relaunch braucht (ich sage Nein) oder ob man die grundsätzliche Struktur beibehält und lediglich in Nuancen „auffrischt“.  Zalando bspw. hat seinen „Relaunch“ über mehrere Monate (wenn nicht sogar Jahre) gestreckt und die kritischen Punkte über A/B-Testing validiert.

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